Der fliegende Traum

wipfel

Einst saß ein Traum

auf hohem Wipfel

und blickte hinab

in ein Tal der vielen Seelen.

Suchend war sein Verlangen

doch nicht wissend.

Denn was weiß ein Traum?

 

So saß er da,

viele Tage und noch mehr an Stunden,

da wurde es einer Seele doch zu bunt

und nervend fragte sie den Traum:

„Was suchst du mit deinen Blicken?!“

„Dein Leben, meine Seele!“

„Das Leben lieber Traum, das wirst du in mir nicht finden!“

 

Da flog der Traum

vom hohen Wipfel

hinunter in ein Tal,

das ohne Seelen war,

Knochen und Asche auf Steinen und Kruzifixen,

doch ein Leben, das gab es in dem Tale nicht.

 

Der Traum flog wieder zurück,

zum hohen Wipfel,

und wissend meinte er zur Seele:

„Das Leben, liebste Seele, das bist du selbst.

So bleibe ich hier und warte,

bis du den Wunsch verspürst,

dich und mich –

als Teil des Lebens hinzunehmen.“

© Text & Bild by Karin Kronreif